Donnerstag, 8. Dezember 2011

Projekt-Design "Kleine Erzählungen, große Erzählungen" (2010-2012)

DIE FRAGE

Wie erzählen Jugendliche von sich und anderen und für sich und andere, wenn sie ... ihren Status in der facebook Zeile posten, ... aus ihrem Ferienort eine Postkarte schicken, ... Montagmorgens im Bus sitzen? Passiert etwas mit ihren Erzählungen, wenn sie ... andere Geschichten hören, ... auf religiöse Erzählungen stoßen?

Unsere Frage ist, welchen Beitrag religiöse Bildungsangebote, die den Erzählungen von Jugendlichen und denen der Bibel Raum für Dialog und Interpretationen geben, für die Entwicklung von personaler und spiritueller Kompetenz von Jugendlichen leisten können.Rechtsbündig

DAS ZIEL

Solche Bildungsangebote zur Wahrnehmung und Förderung von eigenen und fremden Geschichten wollen wir analysieren und dabei ein besonderes Augenmerk auf die Perspektiven der Jugendlichen und der Lehrpersonen richten, die sie gestalten und an ihnen teilnehmen.

Wir suchen nach Rahmenbedingungen, die sich positiv auf die Entwicklung einer Sensibilität für Vielfalt und ihre Anerkennung auswirken.

In theoretischen und empirischen Studien werden religionspädagogische Ansätze und Methoden zur Selbstwahrnehmung und –würdigung, zur Förderung des kreativen Ausdrucks und der religiösen Sprachfähigkeit und zum Austausch der Jugendlichen untereinander untersucht.

Wir möchten ein neues Verständnis des Lernens mit Geschichten in heterogenen Gruppen entwickeln und untersuchen, wie die alten biblischen Texte als master stories, also als Geschichten mit Orientierungskraft [to master (engl.): leiten] wirken können.

DER WEG

Jugendliche und ihre „kleinen Erzählungen“

Die Schule versammelt Menschen aus unterschiedlichen, jeweils einzigartigen Hintergründen aus häufig in Veränderung erlebten familiären, kulturellen, ökonomischen und religiösen Konstellationen.

Diese Bedingungen prägen das Zusammenleben und Zusammenlernen. Einige Umgangsweisen mit ihnen manche sind belastend, andere stärken das Potential an Selbstwirksamkeit, Selbstwertgefühl und Zugehörigkeit. Schulen können Jugendliche stärken, indem sie diese Potentiale thematisieren, Diversität willkommen heißen, Werte des Zusammenlebens und den Wert jeder Person immer wieder kommunizieren und die Vielzahl der „kleinen Erzählungen“, die jede und jeder Einzelne mit sich bringt, zu Wort kommen lassen.

Jugendliche und die „großen Erzählungen“ unserer Zeit

Markt und Medien unserer Zeit suggerieren Erfolg und Zugehörigkeit vor allem durch materielle Teilhabe und vermeintliche Unversehrtheit. Laut Shellstudie gehen Heranwachsende mit diesen „großen Erzählungen“ überwiegend pragmatisch um und akzeptieren sie.

Wir nehmen an, dass Jugendliche z.B. in der Schulgemeinschaft die Erfahrung machen, mit ihren eigenen Themen oft gar nicht gesehen und gehört zu werden. Unsere Hypothese ist, dass sie ihre Anliegen in eigenen Formen und Räumen für künstlerische Darstellungen jedoch durchaus erzählen, schreiben und gestalten möchten.Wir wollen diese Dokumente ihrer Lebensweisen in den Mittelpunkt stellen und Jugendliche ermutigen, ihre eigenen „kleinen Erzählungen“ groß zu machen. Ihre Kräfte, mit denen sie Herausforderungen in ihrer Biografie begegnen, sollen gestärkt werden. Welche Bedeutungen geben sie hierbei den Themen Diversität und Inklusion von verschiedenen Menschen?

Jugendliche und die Erzählungen alter Zeiten

Religiöse Traditionen, vor allem die biblischen Lebensgeschichten, die starken Symbole, heilige Räume usw. wollen wir für die Jugendlichen so öffnen, dass sie selbst sinnstiftend mit ihnen umgehen können. Können auch diese „großen Erzählungen“ dazu beitragen, die eigene Erzählung tiefer und größer zu machen? Welche Interpretationsweisen zu ihren eigenen Erfahrungen und zu religiösen Metaphern, Ritualen und Texten finden Schülerinnen und Schüler?

DIE PROJEKTE

1. Dr. Katharina Kammeyer (katharina.kammeyer@tu-dortmund.de) - Habilitationsprojekt "Religiöse Bildung und Inklusion"

Die Wahrnehmung von Heterogenität von Schülerinnen und Schülern im Religionsunterricht und deranerkennende didaktische und methodische Umgang hiermit beschäftigen viele Lehrerinnen und Lehrer und rücken durch die Weiterentwicklung von Schulen im Sinne der Inklusion mehr und mehr in das religionspädagogische Interesse. Um religionspädagogische Ziele und didaktische Lernwege in diesem Kontext genauer bestimmen zu können, ist es lohnenswert, die Diskussion um eine „Pädagogik der Vielfalt“, die zum Beispiel durch Annedore Prengel in der Grundschulpädagogik entwickelt wurde, und theologische und religionspädagogische Beiträge wechselseitig aufeinander zu beziehen. Ausgehend von der theoretischen Diskussion und von ersten Interviews mit Lehrkräften aus der Sekundarstufe I und II zum Thema wird im Projekt besonders die Hypothese verfolgt, dass Kompetenzen von Jugendlichen im Umgang mit Vielfalt in der Gruppe und ihre Kompetenzen im Umgang mit biblischen Geschichten etwas miteinander zu tun haben – wie beides zu Toleranz, Spannung und Freude an Mehrdeutigkeit führen kann, möchte ich im Austausch mit der Praxis gern weiter untersuchen.

2. Kathrin Hanneken (kathrin.hanneken@tu-dortmund.de) - Dissertationsprojekt "Bibliodrama in Religionsunterricht"

In diesem Projekt geht es darum, die Arbeit mit bibliodramatischen Elementen als ganzheitliche Methode iminklusiven Religionsunterricht zu untersuchen. Es soll gezeigt werden, wie Jugendliche mit und ohne Behinderung hiervon profitieren, indem sie dazu ermutigt werden, in wechselseitiger Aneignung mit dem Text ihre eigenen kleinen, oftmals ungehörten Erzählungen in facettenreicher, spielerischer und kreativer Weise zum Ausdruck zu bringen. Der biblische Text sowie religiöse Dimensionen sollen sich für sie neu erschließen. Ein weiteres Ziel ist es, zu lernen, sich selbst neu wahrzunehmen und möglicherweise neu kennen zu lernen. Den eigenen religiösen Fragen und Wertvorstellungen von Schülerinnen und Schülern soll so Raum und Ausdruckskraft verschafft werden. Die Studie begleitet diese Lernprozesse empirisch und untersucht, inwieweit das Bibliodrama eine Möglichkeit darstellen kann, die Jugendlichen in einem inklusiven Lernkontext für die bestehende Diversität zu sensibilisieren und sie in ihrer Identität sowie persönlichen Kompetenz zu stärken.

3. Veronika Burggraf (veronika.burggraf@tu-dortmund.de) - Dissertationsprojekt "Kreatives Schreiben im Religionsunterricht"

Dieses Projekt widmet sich dem Kreativen Schreiben als Medium des Selbstausdrucks. Kreatives Schreiben soll Schülerinnen und Schülern ermöglichen, sich selber schreibend näher kennenzulernen, indem sie ihre Gedanken und Gefühle wahrnehmen, schriftsprachlich fixieren, schreibend fortentwickeln und die Möglichkeit erhalten, ihre Texte anderen vorzustellen. Im Religionsunterricht sollen Jugendliche durch das Kreative Schreiben in einen Austausch mit und über biblische Texte gelangen, eine individuell authentische religiöse Sprachfähigkeit entfalten sowie ihre (religiöse) Identität finden und weiterentwickeln können. Grundlegend wird in diesem Projekt die Frage gestellt, wie eine kreative Schreibumgebung so gestaltet werden kann, dass alle Schülerinnen und Schüler partizipieren und ihren Gedanken Ausdruck verleihen können. Ist das Kreative Schreiben für Jugendliche in ihrem durch Vielfalt geprägten Schulkontext eine Möglichkeit, ihre eigene Geschichte zu ergründen, zu gestalten und zu erzählen? Von Interesse ist außerdem, wie Schüler und Schülerinnen durch das Schreiben ihre eigene Geschichte mit Erzählungen christlicher Tradition verknüpfen und welchen Einfluss dies auf ihre eigene Erzählung sowie ihre religiöse Sprachfähigkeit hat.

INTERESSE AN MITARBEIT?

Bitte melden Sie sich bei Dr. Kammeyer: katharina.kammeyer@tu-dortmund.de!